Nachwuchs-Retter bewähren sich
Jugendliche zeigen souveräne Leistungen bei der SEG-Frühjahrsübung der Wasserwacht
Eine aufgelöste Mutter, die ihr Kind am Flussufer verloren hat, ein Jugendlicher, der plötzlich zusammenbricht und sich übergeben muss: Das sind Situationen, bei denen selbst die meisten Erwachsenen mit einer Hilfeleistung überfordert wären. Bei der Frühjahrsübung der SEG (Schnelleinsatzgruppe), die die Kaufbeurer Wasserwacht kürzlich speziell für ihre jugendlichen Mitglieder organisiert hat, mussten die Nachwuchs-Wasserretter sich jedoch genau mit solchen Fällen befassen. Am Wehr in der Schelmenhofstraße simulierten aufwändig vorbereitete Mimen „echte“ Notfälle. „Und das haben sie richtig toll gemacht“, resümiert Jugendleiter Torsten Beelte. Auch der technische Leiter Thomas Amm war mehr als zufrieden über die Leistung der Jugendlichen.
Sogar die Aufgaben einer Einsatzleitung wurden bei der SEG-Übung auf die Jugend übertragen: Die 13-jährige Sophie Stein zeigte sich bei dieser anspruchsvollen Aufgabe souverän und bestens vorbereitet. Sie gehörte zu den Jugendlichen, die kurz zuvor einen Erste-Hilfe-Kurs abgeschlossen hatten und bei der Übung als Retter im Einsatz waren – die anderen Teilnehmer wurden im Vorfeld beim neuen Gerätehaus der Wasserwacht am Jordanpark als Notfallopfer hergerichtet. Die Betreuer schminkten in aufwändiger Kleinarbeit täuschend echte Wunden auf die Körper und gaben den Mimen genaue Instruktionen zu ihren jeweiligen „Notfällen“. Die Gruppe der Sanitäter wartete indes am BRK-Haus auf die eingehenden Notrufe – so wie es für die erwachsenen Wasserwachtler im Bereitschaftsdienst tägliche Routine ist.
„Unser erster Notruf kam von einer hysterischen Mutter, die sich am Wehr in der Schelmenhofstraße befand und ihre Kinder verloren hatte“, erzählt Sophie Stein von der aufregenden Erfahrung: „Sofort eilten wir zu den SEG-Fahrzeugen und fuhren zur Einsatzstelle. Dort angekommen erwartete sie uns bereits und erzählte mir hektisch, dass sie einige Kinder vermisste, aber nicht wirklich wusste wie viele es waren. Sie war ziemlich gestresst und ungeduldig, hat ihre Rolle ernst genommen und mich fast in den Wahnsinn getrieben“, erinnert sich Sophie. Dass es sich nur um eine Übung handelte, war in dieser fordernden Situation schnell vergessen, alle Beteiligten agierten wie in der Realität. „Übertriebenes Spiel oder fehlende Ernsthaftigkeit gab es da nicht“, freut sich Torsten Beelte über das Engagement der Jugendlichen, die nun zeigen konnten, was sie in den vergangenen Monaten gelernt hatten.
„Da ich die Einsatzleiterin war, musste ich während der Fahrt schon voraus planen, wer wann wo in welchem Team ist. Ich durfte sogar vorne sitzen und eine blaue Einsatzleiter-Weste tragen, dank der mich alle respektierten und sogar die Erwachsenen getan haben, was ich ihnen gesagt habe“, berichtet Sophie weiter: „Als wir dann ankamen, war ich aber erst mal total überfordert“. Die Rolle der Mutter wurde gut gespielt: „Sie hat sich über alles beschwert, war total hysterisch. Als wir ihr jedoch versicherten, dass man bereits nach ihren Kindern suche, war sie soweit beruhigt, dass ich mich um die Einteilung der Sani-Teams kümmern konnte“, fand sich Sophie schnell in ihre Aufgabe ein. Jugendleiter Beelte erklärt: „Das sind genau die Dinge, die sich nur in einer solchen realitätsnahen Übung vermitteln lassen – dass es nicht nur auf gute Erste-Hilfe-Kenntnisse ankommt, sondern ebenso auf psychologisches Geschick, den Umgang mit den Beteiligten des Notfalls und die Routine, in einer chaotischen Situation den ruhigen Überblick zu behalten“.
Die jugendlichen Sanitäter hatten allerdings auch alles andere als eine leichte Aufgabe - sie mussten mit den verschiedensten Verletzungen, Brandwunden, Schürfwunden, offenen Knien und weiteren Szenarien umgehen. Letztendlich wurden alle Vermissten gefunden, alle Wunden versorgt, und alle „Opfer“ beruhigt, so dass am Ende eine kurze Nachbesprechung abgehalten wurde. Von allen Seiten waren dabei nur positive Rückmeldungen zu hören, sowohl von den agierenden Jugendlichen als auch von den Mimen, die sich in einem echten Notfall bestens versorgt gefühlt hätten, und nicht zuletzt von den erwachsenen Organisatoren der Wasserwacht. Jugendleiter Torsten Beelte erinnert sich: „Wir waren uns bei der Planung der SEG-Übung zuerst unsicher, ob beispielsweise die Einsatzleitung tatsächlich einer Jugendlichen übergeben werden soll. Sophie bestätigte jedoch unsere Einschätzung, dass sie die Souveränität und Ruhe besitzt, dieser Verantwortung gerecht zu werden“. Auch die Arbeit der Sanitätergruppe habe gezeigt, dass der gemeinsam beschrittene Weg der Jugendförderung sich bezahlt gemacht habe. Zukünftig habe man daher vor, die Ausbildung der Jugendlichen im Bereich der Ersten Hilfe, des Konflikt- und Sozialtrainings, der Wasserrettung und der Teamfähigkeit weiter auszubauen.
Der 14-jährige Rene Tretschok, der als Sanitäter an der Übung teilnahm, sagt: „Bei meiner ersten SEG-Übung konnte ich viel Erfahrung über die Anwendung der Erste-Hilfe-Maßnahmen sammeln und die Theorie des Erste-Hilfe-Kurses vertiefen. Da die Wunden sehr realistisch geschminkt wurden, hatte man das Gefühl bei einem richtigen Einsatz dabei zu sein“. Und die gleichaltrige Lea Hindelang fügt hinzu: „Als Sanitäter unserer SEG Übung wurden wir vor einigen Herausforderungen gestellt, die wir bewältigen mussten. Doch genau das ist es, was eine solche Übung ausmacht. Wir hatten großen Spaß und haben zusammen als Team alle Aufgaben gemeistert. Aber vor allem haben wir Jugendlichen sehr viele Erfahrungen gesammelt, die uns später im Ernstfall helfen werden“.
„In dieser Sommerperiode werden wir weiterhin mit interessanten Aktionen auf uns und unsere Jugend aufmerksam machen“, betont Jugendleiter Torsten Beelte abschließend.