Bezirksversammlung des BRK Schwaben anlässlich des Tags des Ehrenamts
BRK Bezirksverband Schwaben
Woher kam Henry Dunants Motivation zu humanitärer Hilfe? Gelten die sieben Rotkreuz-Grundsätze noch heute? Warum engagiere ich mich als Freiwilliger? Drei Vorträge gaben Antworten.
Zum Tag des Ehrenamts lud der Bezirksverband Schwaben des Bayerischen Roten Kreuzes alle Delegierten aus den 11 Kreisverbänden sowie die leitenden Ehrenamtlichen der schwäbischen Rotkreuzgemeinschaften ins Rathaus nach Marktoberdorf. Rund 100 Gäste waren der Einladung zu dieser besonderen Bezirksversammlung gefolgt, unter ihnen auch Regierungspräsident Dr. Erwin Lohner.
Es galt keine formale Tagesordnung abzuarbeiten, sondern drei Vorträge sollten den Teilnehmern Impulse für ihre ehrenamtliche Arbeit im heutigen gesellschaftspolitischen Spannungsfeld geben. „Als Ideengeber hierfür danke ich Barbara Strobel, Vorsitzende, und Thomas Hofmann, Kreisgeschäftsführer des Kreisverbands Ostallgäu“, sagte MdL Angelika Schorer, Vorstandsvorsitzende des BRK Schwaben, bei der Begrüßung.
Jeder Ehrenamtliche stelle sich irgendwann die Frage, „warum mache ich das überhaupt“, führte Strobel in das Thema ein. Bei der Beantwortung sei die Einbeziehung der Rotkreuz-Grundsätze Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit und Universalität unerlässlich. „Doch können die sieben Grundsätze aus dem Jahr 1965 für die heutige Gesellschaft Antworten bereithalten“, fragte sie und forderte die Anwesenden auf, diese mit Leben zu füllen.
Dabei lohnt sich ein Blick in die Geschichte, wie Dr. Andreas Ennulat, Vizepräsident des Dunant-Museums im Schweizer Heiden, im ersten Vortrag deutlich machte. Denn auch im Leben des Gründers des Roten Kreuzes, Henry Dunant, zeigten sich Zweifel und Ungewissheiten, warum er sich so leidenschaftlich für die humanitäre Arbeit einsetzte. Erst nach und nach - und dabei seien große Teile seines Nachlasses noch gar nicht ausgewertet, werde bekannt, wie visionär dieser Mensch in kultureller, politischer und humanitärer Hinsicht damals gewesen sei, so Ennulat. Aktuelle Forschungen deuten darauf hin, dass Dunants ehrenamtliche Motivation von der elterlichen Erziehung und religiösen Auffassung des 19. Jahrhunderts geprägt worden sein könnte.
Wie sehr sich die internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung bzw. auf nationaler Ebene das Deutsche Rote Kreuz (DRK) immer wieder der internen Diskussion ebenso wie mit Dritten stellen müsse, zeigte Dr. Volkmar Schön, Vizepräsident des DRK in Berlin auf: „Unser Grundsatz der Neutralität bedeutet nicht, wegzuschauen.“ Aber es bringe auch Schwierigkeiten mit sich, nicht passiv zu sein, sondern sich im Sinne der Menschlichkeit einzusetzen. Dies erlebten viele Rotkreuzhelfer beispielsweise bei der Flüchtlingswelle.
„Das Rote Kreuz hat gegenüber den Regierungen eine Sonderstellung, denn wir sind eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden eingegangen“, erinnerte Schön weiter. Diese beziehe sich nicht nur auf Hilfe bei Kriegen sondern umfasse die Katastrophenhilfe sowie soziale und humanitäre Aufgaben. Dazu zählen beispielsweise das Blutspendewesen, der Rettungsdienst, die Altenpflege oder der Auskunftsdienst bei Katastrophen. „Aber wir überprüfen vor jeder Anfrage auf humanitäre Hilfe, ob diese mit unseren Grundsätzen vereinbar ist“, stellte der Vizepräsident klar.
Der dritte Referent, Dr. Werner Kerschbaum, ist Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes in Wien. Er griff in seinem Vortrag die Freiwilligkeit auf, die er als „Erbringer von Dienstleistungen, Sprachrohr der Armen und Kranken, Wertetransport sowie sozialer Kitt ohne Zwang und Gewinnstreben“ definiert.
Bei der Motivation von Freiwilligen spielen die jeweiligen gesellschaftlichen Umstände eine sehr wichtige Rolle. „Ich unterscheide zwischen einer traditionellen und einer spontanen Freiwilligkeit“, sagte Kerschbaum. Zu ersterer zählt er die im Roten Kreuz groß gewordenen und für Beständigkeit sorgenden Mitglieder in den verschiedenen Rotkreuzgemeinschaften. Parallel müsse man die wachsende Gruppe der projektbezogen Freiwilligen am besten über soziale Medien andocken und mit ihnen bei zivilgesellschaftlichen Initiativen kooperieren. Als erfolgreiches Beispiel nannte er die Diensteinteilung von spontan Freiwilligen via WhatsApp bei Flüchtlingsankünften an den Bahnhöfen.
Nach vielen praktischen Impulsen überreichte Bezirksvorstandsvorsitzende Schorer allen Ehrenamtlichen „zum Dank an ihre Leidenschaft, Hingabe und Berufung, im Roten Kreuz tätig zu sein,“ eine Ehrenmünze. Passend zum Thema sind die sieben Rot-Kreuz-Grundsätze eingraviert.
Und wie lautete das Fazit der Teilnehmenden? „Ich fand die lebhafte Darstellung der Rot-Kreuz-Grundsätze zukunftsweisend. Zum anderen war es für mich interessant, mehr über Henry Dunant als Mensch zu erfahren, denn üblicherweise steht immer sein Werk im Mittelpunkt“, fasste die ehrenamtliche Ostallgäuer Kreisbereitschaftsleiterin Gundula Fichtl ihre Eindrücke des Abends zusammen.
International besetzt war die Riege der Referenten auf der Bezirksversammlung des BRK Schwaben anlässlich des Tags des Ehrenamtes. Im Bild von links: Dr. Werner Kerschbaum (Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, Wien), Christa Prinzessin von Thurn und Taxis (Ehrenpräsidentin BRK), Dr. Andreas Ennulat (Vizepräsident des Dunant-Museums in Heiden, Schweiz), Angelika Schorer (Vorstandsvorsitzende des BRK Bezirksverbands Schwaben), Barbara Strobel (Vorsitzende des BRK Kreisverbands Ostallgäu), Dr. Volkmar Schön (Vizepräsident des DRK, Berlin), Brigitte Meyer (Vizepräsidentin BRK), Dr. Paul Wengert (Vizepräsident BRK).
Fotos: Marlon Beyer, BRK Bezirksverband Schwaben (2) / Marketingagentur Tenambergen